21.9.25–1.1.26
1. Stock
Francisco Sierra. Alfombra

Glänzende Pferde vor Meeresgischt, Sonnenuntergänge, Teppiche mit Parkettmuster, ein Windhund und eine meterhohe Neonspinne: Die Welt, in die uns Francisco Sierra (*1977 in Santiago de Chile) mitnimmt, ist voller Fantasie, manchmal vertraut, dann wieder traumwandlerisch, schwankend zwischen Realität und Imagination. Für seine Einzelausstellung Alfombra im ersten Obergeschoss des Kunstmuseums Solothurn hat der Künstler neue, eigens für die Ausstellung konzipierte mit bereits bestehenden Werken vereint, die hier und dort mit Sammlungsbeständen in Dialog treten – goldene Musiknoten an der Fassade läuten die Schau ein.

Francisco Sierra, heute wohnhaft und tätig in Cotterd (VD), fand über die autodidaktische Aneignung der Malerei zu einer eigenen Bildsprache, die sich durch technische Präzision, Witz und konzeptuelle Spannung auszeichnet. Sein Interesse gilt der Illusion von Wirklichkeit, dem fliessenden Übergang von Fakt und Fiktion sowie der Möglichkeit, aus eigener Hand ein künstlerisches Universum zu schaffen, in dem herrschende Gesetzmässigkeiten ebenso virtuos wie subversiv ausser Kraft gesetzt werden können. Denn für den ausgebildeten Violinisten ist die Malerei ein Medium der Verwandlung. Die Lust am Experiment, das Hinterfragen von starren Kategorien wie die Verknüpfung von Alltäglichem mit kunsthistorischen Traditionen prägen sein Werk. Ob detailgenaue Tierdarstellungen, vermeintlich banale Stillleben oder grotesk übersteigerte Figuren – immer zeigt sich Francisco Sierras Interesse an der Ambivalenz des Bildes: zwischen Oberfläche und Tiefe, Sein und Schein, Ernst und Ironie.

Selbstgefertigte Tonmodelle, Stockfotos oder vorgefundene kitschverdächtige Requisiten dienen dem Künstler als Bildvorlagen, werden aber bewusst isoliert, malerisch verfremdet und in neue Zusammenhänge wie Massstäbe überführt. Dabei interessiert Francisco Sierra weniger die perfekte Nachbildung als die Spannung zwischen Vorlage und Resultat.

Bereits 2013 stellte der Künstler sein zeichnerisches Werk im Kunstmuseum Solothurn in einer Kabinettausstellung vor. Heute – 12 Jahre später – setzt er seine lust- wie listvolle Untersuchung von Wertesystemen in der Kunst fort, nimmt lokale Begebenheiten zum Anlass für ortsspezifische Skulpturen und nutzt neue Materialien. Ein dünnbeiniges Spinnenwesen, das Francisco Sierras Bildwelten seit langem durchkreuzt, verlässt für die Ausstellung endgültig den Rahmen des klassischen Tableaus und expandiert nur folgerichtig als The Holy Spider (2025) neonleuchtend in die dritte Dimension.

Hintersinnig versteht es der Künstler immer wieder Erwartung zu unterwandern: Von Instagram-Posts inspirierte Sonnenuntergänge mutieren, eingespannt in übergrosse Werbeständer aus Plexiglas, zu klischeehaften Sehnsuchtslandschaften, in denen das Verführungspotenzial der Farbe mit dem leichten Trash des Motivs ringt. Und auf dem sieben Meter langen Triptychon Mare e Monti in Mano (2025) hält schliesslich in Form der überdimensionierten Künstlerhand auch der Mensch nach längerer Abwesenheit wieder Einzug in sein Werk, um in Zeiten maschinengenerierter Bilder Malschicht für Malschicht die künstlerische Authentizität zu bekräftigen.

Mit Alfombra (dt. Teppich) gibt Francisco Sierra Einblicke in sein Universum, in dem Kindheitserinnerungen, biografische Brüche, Musik, Alltag und Sehnsüchte zu partiturhaften Erlebnissen verdichtet sind, die unsere Wahrnehmung herausfordern. Obsessionen und Sonderbarkeiten der Menschen, Traditionen der Malerei, das Banale und das Erhabene schweben durch Räume aus Licht und Pigment. Hier wird nichts unter den Teppich gekehrt.

Besonderer Dank für die Unterstützung der Ausstellung und zweisprachigen Publikation an den Swisslos-Fonds des Kantons Solothurn, die Sophie und Karl Binding Stiftung, die Mobiliar, die Landis & Gyr Stiftung, die Ernst und Olga Gubler-Hablützel Stiftung, die Kulturförderung Appenzell Ausserrhoden sowie an die Galerie von Bartha.

Die Ausstellung wurde kuratiert von Katrin Steffen und Tuula Rasmussen.

Ausstellungsansicht Francisco Sierra. Alfombra,

Foto: Sebastien Verdon

Ausstellungsansicht Francisco Sierra. Alfombra,

Foto: Sebastien Verdon

Ausstellungsansicht Francisco Sierra. Alfombra,

Foto: Sebastien Verdon

20.9.25
17:00 Uhr
Vernissage
Francisco Sierra. Alfombra
Karin Borer. Miracle Reverse
We Care!
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4.10.25
16:00 Uhr
Öffentliche Führung in Alfombra
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14.10.25
12:15 – 12:45 Uhr
Kunst-Lunch
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17.10.25
14:00 – 17:00 Uhr
Ferien-Workshop für Jugendliche: Digital – Analog
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26.10.25
14:00 – 16:00 Uhr
Hand in Hand – Generationentreffen
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8.11.25
16:00 Uhr
Öffentliche Führung mit Francisco Sierra
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12.11.25
14:00 – 16:00 Uhr
Kinder Kunst Club: Tanzende Bilder
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26.11.25
18:00 – 19:30 Uhr
Kunst und Schreiben
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29.11.25
16:00 Uhr
Buchvernissage-Feier
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2.12.25
18:00 – 19:30 Uhr
Der Linie nach: Stilles Leben?
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6.12.25
18:00 Uhr
Ensemble Orion – Rebonds
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